Warum der NRW-Ministerpräsident nicht vom Fauxpas seines Vorsitzenden profitieren darf
Friedrich Merz hat sich mal wieder einen Shitstorm eingefangen. Im ZDF-Sommerinterview wollte er eine Zusammenarbeit seiner CDU mit der AfD, nur in „gesetzgebenden Körperschaften“ ausschließen; auf kommunaler Ebene gelte etwas anderes; da könne er sich eine Zusammenarbeit vorstellen.
Sollte er mit dieser Äußerung beabsichtigt haben, das Verhältnis zur AfD zu „normalisieren“, dann ging dieser Schuss gehörig nach hinten los. Denn die Empörung, die er damit auslöste, war – nicht nur bei der politischen Konkurrenz, sondern auch und gerade in den eigenen Reihen – einhellig. Kaum ein Politiker, der sich nicht daran beteiligte, Merz‘ Avancen gegenüber der AfD zu verurteilen und die unversöhnliche und ewige Feindschaft gegenüber dieser Partei zu beschwören.
Als Kanzlerkandidat der CDU dürfte es das für Friedrich Merz gewesen sein. In die Pole-Position geschoben hat sich ein Politiker, der sich bislang zum Fauxpas seines Vorsitzenden offiziell gar nicht geäußert hat, die Aufregung darüber aber mit Wohlwollen verfolgen dürfte. Die Rede ist vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst.
Natürlich ist die Empörung über Merz‘ Kooperationsangebot an die AfD verständlich. Die Partei ist seit ihrer Gründung immer weiter nach rechts gerückt, ihr Führungspersonal ist nahezu ausnahmslos unqualifiziert, sie hat Personen in ihren Reihen, die man zu Recht (und straflos) als Nazis und Faschisten bezeichnen darf, und das Verhältnis zu Reichsbürgerturm und anderem „völkischen“ Gedankengut ist vielfach ganz offensichtlich bewusst nicht klar definiert.
Umso besorgniserregender ist es, dass diese Partei mittlerweile in Umfragen über 20 % kommt, damit die SPD als zweitstärkste politische Kraft abgelöst hat und in den östlichen Bundesländern vielerorts stärkste Partei geworden ist. Noch dramatischer wird das Bild, wenn man die kontinuierlich steigende Zahl der Nichtwähler mitberücksichtigt. Dann kommt man zu dem Ergebnis, dass mittlerweile eine strukturelle Mehrheit der Wahlberechtigten offensichtlich kein Vertrauen mehr in das etablierte Parteiensystem hat.
Die Gründe hierfür haben mit der AfD nichts zu tun. Tatsächlich dürfte es eher an der Entwicklung und dem gegenwärtigen Zustand unseres Landes liegen, dass immer mehr Menschen Protest oder überhaupt nicht wählen.
Denn aus dem „Modell Deutschland“ der Ära Helmut Schmidt ist mittlerweile ein Sanierungsfall geworden.
Bei der Verkehrsinfrastruktur leben wir seit zwanzig Jahren von der Substanz. Wer die Deutsche Bahn benutzt, muss auf Zugausfälle und Verspätungen vorbereitet sein.
Beim Ausbau der Digitalisierung ist unser Land längst abgehängt, und zwar nicht nur innerhalb Europas, sondern auch von Ländern, die wir früher als Entwicklungsländer bezeichnet haben.
Von einem öffentlichen Bildungswesen, das Chancengerechtigkeit und soziale Durchlässigkeit ermöglicht, kann heute kaum mehr die Rede sein. Wer es sich leisten kann, schickt seine Kinder auf private Bildungseinrichtungen.
Um unseren effizient arbeitenden öffentliche Dienst wurden wir früher beneidet. Heute wird er eher als kaum mehr durchdringlicher bürokratischerDschungel wahrgenommen.
Energiewende und Klimaneutralität werden seit Jahren mit viel Brimborium beschworen. Mehr als teure Symbolpolitik kam dabei aber zumeist nicht heraus und die ehrgeizigen Ziele werden regelmäßig verfehlt.
Was ist die Ursache dieses Niedergangs?
Es hat – jedenfalls auch – mit einem Politikstil zu tun, der in den letzten zwanzig Jahren prägend geworden ist.
Der letzte „Reformer“ in politischer Verantwortung war Gerhard Schröder. Er entwickelte die Agenda 2010, die unser Land, das nach 15 Jahren Kohl-Regierung zum „kranken Mann Europas“ geworden war, wieder gesunden ließ. Gedankt wurde ihm dies nicht; vielmehr wurde er wohl auch deshalb im Jahr 2005 abgewählt.
Seine Nachfolgerin Angela Merkel lernte aus seinen „Fehlern“. Sie lavierte sich geschmeidig und zumeist erfolgreich 16 Jahre lang um kontroverse Entscheidungen herum, orientierte ihre Politik am Zeitgeist (Kernenergieausstieg) und verteilte die eine oder andere Wohltat (Mütterrente etc.).
Ihr wohl gelehrigster Nachahmer ist Hendrik Wüst, also ausgerechnet der CDU-„Hoffnungsträger“, der am meisten von der Tollpatschigkeit seines Vorsitzenden profitieren dürfte.
Er verkörpert nicht nur ziemlich perfekt das mittlerweile weitverbreitete Politikkarriereschema „Kreißsaal – Hörsaal – Plenarsaal“, sondern hat es auch verstanden, seit einem Skandälchen in seiner Zeit als CDU-Generalsekretär um entgeltliche Termine mit dem damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten („rent-a-Rüttgers“) nirgendwo mehr anzuecken oder gar durch kontroverse Positionen aufzufallen.
Politische Aktivitäten, die Spuren hinterlassen hätten, sind von ihm so gut wie nicht bekannt geworden. Als Verkehrsminister im Kabinett Laschet beließ er es im Wesentlichen bei Ankündigungen. Das marode Autobahnnetz Nordrhein-Westfalens verkam weiter; die dringend gebotene Erneuerung der Talbrücke Rahmede auf der A 45 schob er auf die lange Bank; und die neue Rheinbrücke der A 1 ist bis heute nicht fertig. S-Bahn- und Regionalverkehre funktionieren in kaum einem Bundesland so schlecht wie in Nordrhein-Westfalen; an die überfällige Reform – besser noch: Abschaffung – der Verkehrsverbünde traute er sich nicht ran. Eine Neuordnung des Luftverkehrs, die angesichts zweier konkurrierender Flughäfen in Köln und Düsseldorf und einer ganzen Reihe hochdefizitärer Regionalflugplätze dringend geboten ist, nahm er nicht in Angriff; und die Entscheidung über eine erweiterte Betriebsgenehmigung für den Düsseldorfer Flughafen ließ er so lange verzögern, bis die vorgelegten Gutachten verjährt waren.
Als Ministerpräsident ist Wüst bislang vor allem dadurch aufgefallen, dass er dem Landtag zweimal einen verfassungswidrigen Haushalt vorlegte und sein Versprechen, die Kommunen von ihren Altschulden zu befreien, mit einer Mogelpackung einlösen möchte. Im Übrigen sorgte noch für Schlagzeilen, dass die Mathe-Abiturprüfung in NRW verlegt werden musste, da die Arbeiten nicht vom Server des Ministeriums heruntergeladen werden konnten.
Seiner Eignung für höhere Aufgaben scheint dies nicht geschadet zu haben. Immerhin macht er „Bella Figura“, zeichnete die Exkanzlerin – für welche Verdienste auch immer – mit dem höchsten Landesorden aus und punktet ansonsten mit gutenManieren und artigen Reden.
Dass er in seinem Leben kaum etwas anderes als Politik gemacht und dabei nicht viel geleistet hat, scheint da nicht zu stören.
Oder vielleicht doch?
Wäre unser Land ein Unternehmen, wären sich alle Verantwortlichen schnell einig, dass nur ein(e) mutige(r) und durchsetzungsstarke(r) Sanierer(in) es wieder auf Kurs bringen kann.
Warum sollte für Staat und Politik nicht dasselbe gelten?
Wer den Höhenflug der AfD stoppen und die wachsende Politikverdrossenheit überwinden möchte, täte gut daran, dafür zu sorgen, dass auch das politische Führungspersonal einmal daran gemessen wird, worauf es wirklich ankommt: an seiner Leistung, oder – wie es im Neudeutsch der Wirtschaft so schön heißt – an seiner „Performance“.
Politiker wie Hendrik Wüst dürften dabei schlecht abschneiden. Dem Land täte es gut.
Genau. Wüst ist der Bückbert Habück der CDU.
Ansonsten verstehe ich die Hetze gegen die AfD nicht. Die meisten Leute haben einfach keine Lust mehr
- die höchsten Strompreise der Welt zu bezahlen,
- einen Staatsfunk zu subventionieren, der nur noch Wahlkampf für die GrünInnen macht
- einen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu führen, der nur uns schadet
- statt sauberes russisches Erdgas 6x teureres US-Flüssiggas zu kaufen
- die Bevormundung durch berufslose Studienabbrecher à la Breit, Göring und Dummböckin hinzunehmen
- sich von Apparatschiks in Brüssel mit idiotischen Verordnungen terrorisieren zu lassen.
Apropos Brüssel: Wer hat vd Leyen eigentlich gewählt? Wer konnte sie wählen? Auf wie vielen Stimmzetteln stand ihr Name?
Welche andere Partei geht diese Probleme an?
Vom Asylirrsinn…